Ein Jahr auf der Insel – ein Jahr kein Judo. Das dachte Louisa Lanz vom Judo-Club Herrenberg noch Mitte letzten Jahres, als sie ihre Koffer für einen Auslandsaufenthalt in England packte. Die 24-jährige Lehramtsstudentin der Uni Tübingen absolviert gerade an der Levenshulme High School in Manchester ihr Schulpraxissemester. An der Mädchenschule sammelt sie praktische Erfahrung im Unterrichten und perfektioniert ganz nebenbei ihr Englisch.
„Nach den ersten Monaten habe ich allerdings gemerkt, dass mir der sportliche Ausgleich fehlt“, sagt die Herrenbergerin, „seit 17 Jahren mache ich nun Judo, das konnte und wollte ich dann doch nicht ohne Weiteres für ein Jahr pausieren“. Bei der Suche nach einem geeigneten Verein ist sie im Internet schnell fündig geworden. Im University of Manchester Judo Club trainiert sie seither mehrmals wöchentlich und hat dort eine angenehme Abwechslung zum vielen „Unterricht vorbereiten“ gefunden. Unter den knapp 50 Judoka, mit denen sie jeden Montag und Mittwoch auf der Matte steht, ist sie eine von wenigen Frauen. „Als ich das erste Mal im Training vorbeischaute, haben mir die Trainer zunächst den Weg zum benachbarten Tanzstudio gezeigt“, erinnert sich Louisa. Doch dass sie gar nicht zum Tanzen, sondern zum Judo wollte, darüber sind in Manchester mittlerweile alle froh. Louisa gehört zu den höchstgraduiertesten Frauen und bringt im Randori, dem Übungskampf, ihre Partner gehörig ins Schwitzen. Es dauerte nicht lange, bis sie gefragt wurde, ob sie für die Uni bei einem Mannschaftwettkampf starten wolle. Nach kurzer Bedenkzeit und dem Meistern einiger organisatorischer Hürden war sie schließlich im Besitz einer gültigen Wettkampflizenz und komplettierte am vergangenen Wochenende das Judo-Team der University of Manchester beim „University of Sheffield International Student Tournament“.
Vier Männer und zwei Frauen je Team standen sich auf der Matte gegenüber. Louisa sicherte ihrer Mannschaft zwei Punkte: Den ersten Sieg konnte sie gegen das deutsche Team aus Aachen einfahren, indem sie ihre Kontrahentin mit einem Innenschenkelwurf auf den Rücken beförderte. Den zweiten Sieg erkämpfte die Gäu-Sportlerin mittels eines Haltegriffes gegen ihre Duellantin aus Sheffield. Am Ende stand für Louisa und das Team aus Manchester der 5. Platz. Ein Ergebnis, mit dem sie zufrieden ist. „Das war mein erster Wettkampf seit fast 10 Jahren“ sagt sie und verweist auf den Spaß, den man unabhängig vom Ergebnis bei diesem Event habe: „Beim anschließenden Bier-Wetttrinken und dem Schlafsackweitsprung haben wir es der Konkurrenz nochmal gezeigt“, erzählt sie scherzend, „wenngleich auch hier der Sieg an das niederländische Team aus Groningen ging.“ Nach dem Wettkampf stand ein gemeinsamer Abend mit allen Studenten-Teams an. Übernachtet wurde schließlich in der Arena. „Da kamen dann Erinnerungen an die Heimat hoch“, denn auch in Herrenberg, wird traditionell nach den Vereinsmeisterschaften in der Halle übernachtet.
Noch bis Juni wird Louisa Lanz an der Levenshulme Highschool Deutsch unterrichten, ehe sie dann nach Deutschland zurückkehrt, um im Herrenberger Dojo den ein oder anderen Trainingspartner im Randori mit einer britischen Technikvariante zu überraschen.